ZeichnenLernen Einführung

Montag, 7. Januar 2013

Besuch bei Andrea Del Sarto - Zeichnungen


Die beiden Fassungen der "Heiligen Familie" von Andrea del Sarto, die in der Alten Pinakothek in München gezeigt werden, sind für mich der Auftakt zu einer auf Zeichnungen basierenden Auseinandersetzung mit Meistern der Malerei. Es geht mir nicht so sehr um kunstgeschichtliche Betrachtungen - das können andere viel besser - als um ein subjektives Erfahren vor dem Bild, indem ich die Dinge, die ich bemerke, zeichnerisch festhalte.



Eine wirklich aufregende Gegenüberstellungen der Variation eines Themas, die ich hier erlebe. Der sinnliche Reichtum eines jeden Bildes für sich reicht aus, um meine Aufmerksamkeit völlig zu binden. So etwas im Doppelpack vorzufinden, kann nur zu starken Vereinfachungen führen.
                            
"Die heilige Familie"   - das theologische Thema versuche ich zu ignorieren.
Ich sehe eine Malerei von beeindruckender Stimmigkeit, klar gegliederte Figuration mit sehr feinen Akzentverschiebungen.
Was mich beschäftigt sind zwei Mütter und zwei Jungen in einem Spannugsfeld, das die Beziehung der vier Protagonisten unterschiedlich gewichtet. Das ist "mein" Thema. Weiter möchte ich nicht gehen - auch wenn  zum Umfeld der Vier viel zu bemerken wäre.

Meine ersten Versuche, die Szene zu erfassen, birgt zwei Hemmschwellen:
1. ich habe vor 20 Jahren das letzte Mal im Museum gesessen und gezeichnet. Öffentlichkeit ist irritierend.
2. das Können des Altvorderen ist überwältigend.

Ich versuche mich also an Teilstücken, indem ich mit dem Stift nachziehe, was ich bemerke:



Das (Jesus) Kind sucht den Schutz der Mutter.

Von den großen Gesten der Bilder bin ich, scheint mir, weit entfernt. Es ist bedauerlich, dass ich nur wenig Zeit vor den Bildern verbringen kann. Meine Konzentration hält nicht lange vor. Ich nutze die intime Athmosphäre der Ausstellung und wende mich "kleineren" Aufgaben zu. Den im gleichen Raum ausgestellten Zeichnungen folge ich bei diesem Kopf mit mehreren Versuchen, die - wie man am Datum erkennen kann - an verschiedenen Tagen entstehen. 






Danach kehre ich wieder zu den Gemälden zurück. Die Mutter (des Johannes) hält ihren Sohn fest - eine Geste der Reserviertheit, der Achtung !?



Nicht nur genaues Hinschauen ist gefordert. An diesem Punkt denke ich automatisch an den theologischen Hintergrund: Johannes weis um das Schicksal, das Jesus erwartet. Er will plaudern - er plaudert?  Die Mütter agieren in diesem Sinn. Eine hält Johannes zurück, die andere schützt Jesus.





In den beiden Bildern wird das Verhältnis der Vier unterschiedlich gewichtet. Vor allem ist es die Beziehung zwischen den beiden Jungen, die mich beschäftigt.


 Die Szene reizt mich auch zu eigenen Variationen. 


Die ausgeprägte Haltung der Beiden stelle ich noch einmal gegenüber.



Bei diesen Sitzungen ist mir klar geworden, dass ich für die Gegenüberstellung noch nicht wirklich bereit war. Zu Vieles bleibt unberührt, unentdeckt. Aber deutlich wird auch: diese Art der Auseinandersetzung, sich schauend und zeichnend dem Bild zu nähern, ist ein Weg den Meister in das Hier und Jetzt zu holen, sich sinnlich erfahrbar zu machen.

Zum Abschluß versuche ich mich an den Köpfen der Frauen und an "Madonna mit Kind"












Für mich als Frage, Aufgabe formuliert:   ist es möglich diesen komplexen Inhalten zeichnerisch näher zu kommen, ohne zum Kopisten zu werden? Ich verlasse diese beiden Werke weder eingeschüchtert, noch mit Trauer über die Begrenztheit meiner Möglichkeiten. Schon jetzt spüre ich, dass mir Gewinn bleibt: wenn ich mir heute die Reproduktionen ansehe, steht mir die Fülle der Eindrücke zur Verfügung, die ich zeichnend vor den Originalen gewonnen habe.

wgVoigt, April 2011

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